Die neue Grundsteuer für Baden-Württemberg
Eine Zusammenfassung aller wichtigen Infos zur Grundsteuerreform finden Sie auch im Flyer.
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Die Grundsteuer basiert auf Einheitswerten, welche letztmals flächendeckend in einer Hauptaufstellung 1964 nach den Wertverhältnissen zu diesem Zeitpunkt ermittelt wurden. Seitdem blieben die Einheitswerte (Grundstückswerte) unverändert, obwohl sich die Wertverhältnisse in diesem Zeitraum sehr unterschiedlich entwickelt haben. Während die Grundstückswerte und –preise in großen Ballungszentren und Einzugsgebieten von großen Wirtschaftsstandorten nahezu sprunghaft anstiegen, gab es in strukturschwachen ländlich-geprägten Gegenden den genau gegenteiligen Effekt, trotzdem war weiterhin der Einheitswert von 1964 (abgesehen kleiner Anpassungen) bei der Berechnung der Grundsteuer mitentscheidend. Aufgrund dieser Ungerechtigkeiten erklärte am 10. April 2018 das Bundesverfassungsgericht die Verwendung der Einheitswerte von 1964 für verfassungswidrig. Der Bundesgesetzgeber wurde in diesem Urteil damit beauftragt, bis Ende 2019 eine neue Gesetzesgrundlage für die Ermittlung und Berechnung der Grundsteuer zu schaffen.
Kurzfristig hat das Urteil bis Ende 2024 für die Steuerpflichtigen keine Auswirkungen, da das Urteil vom Bundesverfassungsgericht vom 10. April 2018 eine Geltung des verfassungswidrigen Grundsteuergesetzes in dieser Übergangszeit zuließ. Folglich wird die Grundsteuer erst am dem 01. Januar 2025 auf der Grundlage der bis dahin neu ermittelten Werte erhoben.
Im Herbst 2019 verabschiedete der Bundesgesetzgeber ein neues Grundsteuergesetz. Dabei hatten die Bundesländer zukünftig die Möglichkeit, im Rahmen der gesetzlichen Grundlagen eine abweichende Gesetzgebung treffen zu können und landesspezifische Regelungen zu erlassen. Der baden -württembergische Landtag machte von dieser Möglichkeit Gebrauch und verabschiedete am 04. November 2020 ein abweichendes Grundsteuergesetz für Baden-Württemberg. Zukünftig wird die Grundsteuer mithilfe eines modifizierten Bodenwertmodells ermittelt werden.
Beim Bundesmodell spielt die Art der Bebauung eine wesentliche Rolle bei der Berechnung der Grundsteuer. Auch die Gebäudefläche und das Gebäudealter wirken sich auf die Höhe der Grundsteuer aus. Bei dem modifizierten Bodenwertmodell in Baden-Württemberg dagegen hat die Art der Bebauung nur marginale Auswirkungen auf die Bewertung: Bei überwiegender Nutzung zu Wohnzwecken reduziert sich lediglich die Steuermesszahl, ansonsten spielt die Bebauung keine Rolle für die Grundsteuer. Das führt dazu, dass bei gleicher Grundstücksfläche der Eigentümer eines Einfamilienhauses genauso viel Grundsteuer bezahlt wie der Eigentümer einer benachbarten Mietwohnanlage.
Wie bisher unterliegen der Grundsteuer die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) und die Grundstücke des Grundvermögens (Grundsteuer B). Verfahrenstechnisch bleibt es beim bisherigen dreistufigen Verfahren: Das örtliche Finanzamt bewertet den steuerpflichtigen Grundbesitz und stellt die Grundsteuerwerte durch Grundsteuerwertbescheide fest. In einem weiteren Schritt berechnen sie die Grundsteuermessbeträge und setzen diese durch Grundsteuermessbescheide fest. Durch die Kommunen wie die Stadt Singen werden weiterhin die örtlichen Hebesätze jeweils für die Grundsteuer A und die Grundsteuer B festgelegt, welche Grundsteuerbescheide erlassen und somit die Grundsteuer erheben.
Die Bewertung der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) erfolgt im Wesentlichen ähnlich wie dem im Bundesgesetz niedergelegten Ertragswertverfahren: Die land– und forstwirtschaftlichen Flächen werden dabei mit dem vom Gesetzgeber vorgegebenen typisierten Reinertragswerten bewertet. Der Grundsteuerwert des Betriebes wird mit der Steuermesszahl 0,55 Promille vervielfacht und ergibt den Grundsteuermessbetrag.
Grund und Boden sowie Gebäude und Gebäudeteile, die Wohnzwecken oder anderen nicht land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen, werden Steuergegenstand der Grundsteuer B. Die Bewertung der bebauten und unbebauten Grundstücke des Grundvermögens (Grundsteuer B) orientiert sich ausschließlich an der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert. Diese Herangehensweise beschreibt das modifizierte Bodenwertmodell. Für die Berechnung werden beide Werte miteinander multipliziert. Auf die Bebauung kommt es für die Bewertung nicht an. Für überwiegend zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke wird das Bewertungsergebnis einer reinen Bodenwertsteuer durch einen Abschlag (Steuermesszahl) in Höhe von 30 Prozent „modifiziert“. Das daraus resultierende Ergebnis ist der Grundsteuerwert, der den verfassungswidrigen Einheitswert künftig ersetzt.
Das „Gesetz zur Änderung des Landesgrundsteuergesetzes und zur Einführung eines gesonderten Hebesatzes zur Mobilisierung von Bauland“ wurde am 22. Dezember 2021 vom baden-württembergischen Landtag verabschiedet. Es sieht unter anderem eine Einführung der Grundsteuer C vor. Mithilfe der Grundsteuer C können Kommunen aus städtebaulichen Gründen mit Inkrafttreten des Landesgrundsteuergesetzes ab dem Jahr 2025 einen gesonderten Hebesatz für unbebaute, baureife Grundstücke festlegen. Ziel dieses Gesetzes ist es, dass brachliegende, aber baureife Grundstücke nicht aus Spekulationsgründen unbebaut bleiben, sondern den Mangel an Wohnraum – welcher vor allem in Ballungsgebieten besteht- Abhilfe schafft. Ob von der Grundsteuer C eine Kommune Gebrauch machen wird, liegt allein im Ermessen der Kommune. Entscheidet sich eine Kommune dafür, dann macht sie dies in der Allgemeinverfügung bekannt. Darin begründet sie ihre städtebaulichen Erwägungen und benennt das Gemeindegebiet, auf das sich der gesonderte Hebesatz beziehen soll, inklusive der betreffenden baureifen Grundstücke. Ob in Singen die Grundsteuer C zur Anwendung kommt, ist bisher völlig offen.
Bei den Bodenrichtwerten handelt es sich um durchschnittliche Lagewerte für den Boden, wie sie ohne Berücksichtigung ungewöhnlicher oder persönlicher Verhältnisse auf dem Grundstücksmarkt zu erzielen wären. Der Bodenrichtwert ist bezogen auf ein baureifes Grundstück, dessen Eigenschaften für das Gebiet typisch sind (Richtwertgrundstück). Abweichungen des einzelnen Grundstücks in den wertbestimmenden Eigenschaften wie Lage und Entwicklungszustand, planungsrechtliche und marktübliche Nutzungsmöglichkeit sind möglich.
Mithilfe der Grundsteuermesszahl werden die Grundsteuerwerte an die neuen Verhältnisse angepasst. Die neue Steuermesszahl liegt bei 1,3 Promille. Durch die Reduktion der Steuermesszahl um 30 Prozent bei überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Grundstücken wird das Grundbedürfnis „Wohnen“ angemessen berücksichtigt.
Durch die Multiplikation des Grundsteuerwertes mit der Steuermesszahl erhält man den sogenannten Grundsteuermessbetrag.
Der Hebesatz ist ein Prozentsatz, der von der Kommune festgelegt wird. Er wird auf den Grundsteuermessbetrag angewendet, um die tatsächliche Grundsteuer zu berechnen. Jede Kommune legt ihren eigenen Hebesatz fest, um das angestrebte, bisherige Aufkommensniveau zu erreichen.
Mit Beschluss vom 22.10.2024 hat der Gemeinderat der Stadt Singen die neuen Hebesätze zum 01.01.2025 festgesetzt. Der Hebesatz beträgt für die Grundsteuer A weiterhin 360 v.H. und für die Grundsteuer B neu 430 v.H.
Alle Steuerpflichtigen mussten bis zum 31. Januar 2023 eine sogenannte elektronische Steuererklärung zur Feststellung der zukünftigen Grundsteuer beim Finanzamt abgeben. Die Angaben wurden überprüft und bildeten die Grundlage für den Grundsteuerwertbescheid des Finanzamtes. Auf Grundlage des Grundsteuerwertbescheides wurde der sogenannte Grundsteuermessbescheid erstellt.
Jeder Eigentümer ist aufgefordert, seinen Grundsteuermessbescheid zum 1. Januar 2025 zu prüfen und bei Unrichtigkeiten mit dem Finanzamt in Kontakt zu treten.
Die Stadt ist an den Grundsteuermessbescheid des Finanzamtes gebunden. Das bedeutet, dass die Stadt Singen diesen Bescheid nicht ändern kann. Er bildet die Grundlage für die Ermittlung der Grundsteuer.
Eine pauschale Antwort kann hier nicht gegeben werden. Der Steuerpflichtige kann nun den Grundsteuermessbetrag von dem Grundsteuermessbescheid des Finanzamtes mit dem festgesetzten Hebesatz der Stadt Singen multiplizieren und erhält den Grundsteuerbetrag für das Jahr 2025.
Grundsteuermessbetrag 325,00 € x 430 v.H. (Hebesatz Grundsteuer B) = 1.397,50 € Grundsteuer
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